KI-Bilder und Urheberrecht

5. November 2025 durch
Alfred J. Noll

KI-generiertes Bild von ChatGPT, erstellt von Gerhard Hinterleitner mittels unten definiertem „Prompt“ von Dr. Noll.

KI-produzierte Bilder 

und das Urheberrecht an Werken der bildenden Kunst

Die Welt ist einfach und stellt sich uns doch immer wieder als sehr kompliziert dar. Die Frage, ob an den KI-generierten Bilder ein Urheberrecht zusteht, und wenn ja, wem dieses Urheberrecht zukommt, bietet ein schönes Beispiel dafür:

Wir fangen mit Bekanntem an:

Wer ein Lichtbild herstellt (wer fotografiert), der ist Urheber im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Das ist deshalb so, weil uns

  • § 10 Abs. 1 UrhG sagt, dass Urheber eines Werkes ist, wer es geschaffen hat,
  • § 3 Abs. 2 UrhG sagt, dass Werke der Lichtbildkunst (Lichtbildwerke) jene Werke sind, die durch ein fotografisches oder durch ein der Fotografie ähnliches Verfahren hergestellt wurden, und weil
  • gemäß § 1 Abs. 1 UrhG generell als „Werk“ gilt, was „eigentümliche [persönliche] geistige Schöpfung“ ist.

Damit haben wir alles an der Hand, um beurteilen zu können, wer der Urheber von KI-generierten Bildern ist, nämlich niemand. Das mag uns seltsam vorkommen, lässt sich aber einfach durchdeklinieren:

Wer einen Fotoapparat nützt, um ein Foto zu „schießen“, käme niemals auf den Gedanken, dem Fotoapparat ein Urheberrecht einzuräumen – das Urheberrecht kann prinzipiell nur natürlichen Personen zukommen; das Bild wird nicht vom Apparat geschaffen, sondern vom Fotografen. Der Fotograf freilich „schafft“ das Foto erst durch Festlegung des Motivs, durch Fixierung jenes Ausschnitts aus der Wirklichkeit, der am Foto sichtbar sein soll, durch Blende, Belichtung, Standort und nachfolgende Arbeit (bei Belichtung etc.).

Ein Apparat kann nach den Vorstellungen des Urheberrechts niemals ein Urheberrecht erwerben, weil es ihm genau an diesen „persönlichen“, für die jeweilige natürliche Person bestimmenden „eigentümlichen“ Qualitäten fehlt.

Bildern, die am und durch den Computer erst erzeugt werden, fehlt es an dem ebenfalls notwendigen „fotografischen“ Verfahren der Bildgenerierung. Zwar lassen sich einige Seminararbeiten darüber verfassen, was denn diese „fotografischen“ Verfahren wirklich ausmacht, aber gesichert dürfte sein, dass ein Unterschied zwischen „Objekt“ und „Fotograf“ bestehen muss, dass also ein fotografisches Verfahren voraussetzt, dass zwischen der „Wirklichkeit“ und dem „Bild“ eine Differenz herrscht. Bei KI-generierten Bildern fehlt es an dieser Differenz – man könnte sagen: Das von der KI generierte „Bild“ ist die einzige „Wirklichkeit“.

 Schließlich, so behauptet sich Mensch im Urheberrecht, fehlt es an der persönlichen „eigentümlichen“ geistigen Schöpfung. Was der Computer ausspuckt ist weder „geistig“, noch ist es „persönlich“ – es ist „maschinell“.

Das führt zu dem erfreulich klaren Ergebnis: KI-generierte Bilder sind von uns allen jederzeit an allen Orten für alle Zwecke nutzbar, ohne dass wir auf allfälliges Urheberrecht bedacht nehmen müssten.

Aber stimmt das auch?

Gehen wir einen Schritt zurück: Die KI „produziert“ Bilder entsprechend den vom User eingegebenen Vorgaben (macht also, was „gepromptet“ wird). Wer eingibt: „Mache mir ein Bild von einer Frau am See mit Bergen im Hintergrund“, vermittelt der Maschine eine Idee – da das Urheberrecht aber Formenschutz ist, diese Form aber aufgrund der dürftigen Eingabe ausschließlich (!) vom Computer festgelegt wird, bleibt es bei der generell nicht schützbaren „Idee“.

Vorstellbar ist aber doch, dass das "Prompten" derart umfänglich und speziell wird, dass im Ergebnis eine eigentümliche Schöpfung herauskommt. 

Geben wir statt: „Bild einer Frau am See mit Bergen im Hintergrund“ etwa ein: „Zeige mir das Bild einer Frau in Tiroler Tracht mit zwei Kindern an den Händen, die beide versuchen, sich von der Frau loszureißen; mit dem Mount Everest im Hintergrund, wie er gerade von drei Männer bestiegen wird“dann lässt sich abschätzen, dass doch noch ein Urheberrecht für den User entsteht, der Derartiges promptet; kommt dann noch eine spezielle Farbgebung, Konturierung, Ausschnittsbildung etc. durch den User hinzu, dann ist der Computer letztlich nichts anderes als der Pinsel oder der Fotoapparat, den der User nützt, um seine „eigentümliche geistige Schöpfung“ zu realisieren – und dann sind auch KI-generierte Bilder urheberrechtsfähig.

Weil man nun aber dem Bild nicht (oder kaum mehr) ansieht, wer es geschaffen hat, ist die Diskussion über eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Bilder so wichtig. Die Sache ist im Fluss, und es werden die Gerichte noch etliche Male ausloten müssen, wo die Grenzen des Urheberrechts liegen.

Univ.-Prof. Dr. Alfred J. Noll